Dietfurt bei treuchtlingen und die dietfurter staunzn

"Aus Paulus Strobels Werkstatt"
Die "Schüssler" aus dem Altmühltal waren in der ganzen Umgebung bekannt und zogen weithin auf die Märkte. Die Hafner gehören zu den ältesten Gewerbezweigen. Gerade im Landkreises Weißenburg/Gunzenhausen und vor allem in dessen südlichen Teil waren in vergangenen Jahrhunderten viele Hafnermeister tätig. Über die Geschichte dieses Handwerkszweiges wusste Dr. Wilhelm Kraft allerlei Wissenswertes zu erzählen: In einer seiner Geschichten "Aus dem Altmühltal" erzählt der alte Karl Stöber auch davon, wie er sich die Entstehung des uralten Hafnergewerbes in Dietfurt dachte und lässt dabei einem braven Hafner die Entdeckung der berühmten und weitbekannten Erdengruben in der Nähe von Dietfurt machen, in dem Wäldchen, eine Viertelstunde südlich des Dorfes, genannt Dietfurter Dicke. "Und wer irgendwo an der Altmühl einen alten Teller oder eine Schüssel noch sehen sollte, worauf mit Fraktur-Buchstaben geschrieben steht: 'Der Herr hat alles wohl gemacht' oder 'Handwerk hat einen goldenen Boden', der wisse, dass diese Gefäße aus der Werkstatt des Paulus Strobel in Dietfurt stammen". So schließt seine Geschichte.

Wo Handwerksburschen wateten. 
Tatsächlich hat man in sehr früher Zeit schon diese Tongruben ausgebeutet. Stöber setzt die Zeit an, "wo Dietfurt noch keine Brücke über die Altmühl führte, sondern die Handwerksburschen noch, die Stiefel in der Hand, durch das seichte Flüsslein wateten". Das führt schon weit in die frühen Jahrhunderte zurück; denn bereits 1625 erzählt ein Chronikschreiber: "Dietfurt ist wegen der Stra8e zwischen Nürnberg und Augsburg weit bekannt und berühmt. Allda hat es eine stattliche mit meilen Bögen von Steinwerk wohl erbaute Brücke über die Altmühl". Aber das Gewerbe in Dietfurt, eben die Hafnerei, geht noch viel weiter in die mittelalterliche Zeit zurück. Schon um 1400 lebte in Dietfurt ein Hafner, der aber mehr war als ein Töpfer. Er fertigte unter anderem auch Tonfiguren der Apostel und Maria. Damals hat, wie Oberlehrer Winter dies in einem alten Band gefunden hat, sich der Abt von Heidenheim für seine Klosterkirche bei einem Hafner namens Vogel zwei Figuren von Königen und ein "Mergenbild", das Bild oder die Figur der heiligen Maria, gekauft.

Nach Nördlingen, Nürnberg, Augsburg 
Wenn man in alten Registern aus dem 15. Jahrhundert blättert, die sich im Archiv in Nördlingen befinden, so erfährt man, dass auf die schon seit dem 13. Jahrhundert bekannten Messen oder Märkte in Nördlingen die Dietfurter, Pappenheimer, Solnhofner und Weißenburger Hafner gezogen sind. Damals nannte man sie Schüssler. Noch im 19. Jahrhundert wurden von Pappenheim aus Wagenladungen voll Geschirr auf die Messen, nicht nur nach Nördlingen, sondern auch Augsburg, Nürnberg, Fürth, Ansbach, Ingolstadt und andere Plätze gebracht. Es ist bekannt, dass sogar die Soldaten Napoleons mit Pappenheimer und Treuchtliger Geschirr versehen wurden. In Dietfurt findet man überall noch die Spuren einer frühgeschichtlichen Besiedlung und überall in und um den Ort zeigen sich die Spuren einer alten Töpferei. Zwar hatten die Römer, die einst hier siedelten, in der Regel Gefäße aus sogenannter samischer Erde, aus terra sigillata. Es ist bekannt, dass diese Gefäße eigentlich aus der etrurischen alten Stadt Arretium herstammen, wo man feinen roten Ton fand. Dieses Arretium ist die heutige Stadt Arezzo; deshalb interessant, weil in der Domkirche ein großes farbiges Gemälde aus dem Mittelalter erhalten blieb, auf dem ein Kampf, Städter gegen den Kaiser, dargestellt ist. Unter den fliegenden Kampffahnen erblickt man neben der des Kaisers auch die Pappenheimer Standarte mit dem Mohrenkopf, denn in Arezzo lebten im 13. Jahrhundert noch Nachkommen des Geschlechts der Marschälle von Pappenheim, genannt die Testa. So spannen sich weite Fäden der geschichtlichen Erinnerung von Italien herüber an die Altmühl.

Ein Loch wurde gegraben
So alt wie die Kunst der Töpferei in Dietfurt, ist auch die Kunst, den Ton aus der Erde zu graben. Es war eine seltsame Art der Beschaffung des Rohstoffes für die Hafnerei. Die Tonerde findet sich auf der Anhöhe südlich von Dietfurt in einer Waldabteilung, genannt Dietfurter Dicke. Die Oberfläche war gewöhnlich, wie ein Fachmann aus der Zeit um 1800 erzählt, mit einer dünnen Kruste Dammerde bedeckt, durch die schon hin und wieder der Ton, jedoch noch ziemlich vermischt, zutage tritt, Es bedurfte deshalb, um an das Material in seinem für die Bearbeitung notwendigen unvermischten Zustand zu kommen, des Abräumens von sechs bis acht, ja manchmal sogar zwölf Fuß, das sind etwa zwei bis drei Meter. Im Mittelalter, aber auch noch bis zum Ersten Weltkrieg, wurde an der Oberfläche ein Loch mit rund drei Fuß (einen Meter) Durchmesser gegraben und in Form des Halses einer Flasche oder eines Lutterkruges bis auf die eigentliche Tonlage in der Tiefe fortgesetzt. Dort wurde das Material herausgegraben und die Öffnung unten gewölbeartig erweitert, so dass dieselbe öfter einen Durchmesser bis zu sechs Meter hatte.

Zum Tagebau übergegangen 
Diese Art des Abbaus war höchst gefährlich, und häufig wurden, besonders bei Regen, die Arbeiter von dem sich ablösenden Teilen verschüttet oder zu Krüppeln geschlagen. Die Einrichtung war schon deshalb unzweckmäßig, weil die Ausbeute durch die enge Öffnung auf einer senkrecht stehenden Leiter nur in kleinen Körben oder Kiepen heraufgebracht werden konnte, und, um den Einsturz zu vermeiden, die Gruben oder Löcher soweit voneinander gehalten werden mussten, dass in den Zwischenwänden eine Menge des brauchbaren Materials verloren ging. Auf behördliche Anordnung mussten die Hafner am Anfang des 19. Jahrhundert zum Tagebau übergehen und nach Wegräumen des unbrauchbaren Erdreichs in viereckigen Gruben in die Tiefe arbeiten, wobei die Seitenwände zu stützen waren.

Koblenzer Krüge seit 1830
In Dietfurt hat 1830 ein Karl Weidner eine Fabrik von Koblenzer Krügen (Hausnr. 17) errichtet. Er stammte aus Sachsen und lieferte den Nachweis, dass sich die Dietfurter Tonerde auch zu sogenannten Koblenzer Lutterkrügen, sowie für weißes und blaues Steingeschirr eignet. Die Fabrik wurde ganz in der Nähe des "hohen Steines" bei der alten verschwundenen Moritzkapelle errichtet. Noch heute finden wir in der Gegend von Pappenheim fast in vielen Bauernhäusern die dort hergestellten grauen Steingutkrüge mit blauem Muster.

Hafner hatten Humor 
Dass den alten Hafnern der Humor auch nicht fehlte, bewies der vom Weinberg bei Treuchtlingen. Er hatte einmal ein Brett mit großen Krügen, zwölf Stück an der Zahl, auf der Hand und trug sie über die Stiege seines Hauses hinunter, um sie trocknen zu lassen. Wegen seiner Lederpantoffeln aber kam er ins Rutschen und flog mit der "Ladung" über die Stiege hinunter. Sein Schreckensruf aber lautete - ein Beweis seines raschen Denkens: "Helf' uns Gott allen dreizehn". So ein Hafner dachte also nicht nur an sich, sondern auch an seine wertvollen Produkte.

Heute ist die Hafnerei so gut wie völlig bei uns verschwunden. Nur da und dort sieht man noch ein irdenes Töpfchen oder einen schönen Kachelofen, und als Besonderheit in unserer Gegend, farbige Kirchturmdächer, deren Ziegel von einheimischen Handwerkern hergestellt wurden. Diese sind ein Zeichen, daß einst im Bereich der Herrschaft Pappenheim und im gesamten südlichen Landkreis das Gewerbe der Hafner- und Ofenfabrikanten eine große Bedeutung hatte. Die billigeren sächsischen und Bunzlauer Waren, dann das Emaille, das Porzellan, und schließlich die Wandlung des Geschmacks haben die alte feste Position des Gewerbes vernichtet.

Quelle: Jahrbuch f. Mfr. 1971/72 Dr. W. Kraft 86. Jahrbuch Seite 369 Ifd. Nr.